Der Eintritt des Schattens – in der Psychologie: das Unbewusste und in der Religion: die Seele – war bei mir so tief greifend gewesen, dass er mit 20 Jahren einen radikalen Einschnitt in meinem Leben bedeutete. Äußerlich war die Veränderung durch den Abbruch meiner Schulausbildung, den unerwarteten Tod meiner Mutter und die psychische Abhängigkeit von Drogen gekennzeichnet. Zwar war ich finanziell und sozial abgesichert, doch meine emotionalen Bindungen zu meinen Mitmenschen waren gestört.
Dieser Zustand war eine Art Persönlichkeitsspaltung, die in unsere Gesellschaft nicht nur zur Isolation, sondern auch zu psychiatrischen Fehldeutungen führen kann, wie ich das leider bei meinen damaligen Freunden, die sich in einer ähnlichen Lage befanden, feststellen musste. Der bei ihnen allzu schnell verordnete Griff zu Psychopharmaka löste nicht im Geringsten die Ursachen der Krankheit, sondern beruhigte vielmehr den Betroffenen und die aufgebrachte Verwandtschaft.
Jan Peter Tripp, ein deutscher Hyperrealist, hat sich in seiner Porträtreihe mit der Beziehung zwischen unserer „normalen“ Gesellschaft zu psychiatrisch behandelten Geisteskranken kritisch auseinandergesetzt. Es drängt sich mir der Eindruck auf, dass bei ihm der Wahnsinn Isolation und Entfremdung bedeutet. Seine Porträts sind nichts anderes als gesellschaftliche Zustandsbeschreibungen.
Ich möchte mich hier nicht zu sehr bei der Beschreibung meiner Krankheit aufhalten, sondern vielmehr möchte ich hier den Begriff des Krankseins im Zusammenhang mit der Persönlichkeitsspaltung infrage stellen. Wenn ich die zivilisierte Hemisphäre einmal verlasse und mich in die entlegenen Bergregionen Tibets begebe, …
Mehr im Kunstbuch „Das Geblendete Auge – Die Bedeutung des Klartraums in der aktuellen Kunst“
Email an Klaus- H. Schader