Paul Gecko und seine Frau tanzen im Traum auf der Silvesterparty 2016. Es wird Musik aus den 60ern und 70ern des vorigen Jahrhunderts gespielt. Entfernt hört er die Melodie von Procol Harum „A Whiter Shade of Pale“ Überdies ist es seine Musik, die eine unvergessliche Hymne der Rock Ära ist. Sie wurde oft nachgeahmt und erinnert ihn an die orchestrale progressive Zeit, in der sphärische Klänge erst mit Hammondorgel und später mit Synthesizer erzeugt wurden.
Paul summt laut die Musik mit und die jungen Leute um ihn herum sind von ihm irritiert. Währenddessen durchdringen die sphärischen Klänge seinen Körper und er fühlt sich eins mit seiner Musik. Darauf hin beginnt er zu schweben. Doch Pauls Frau findet seinen Auftritt unpassend und meint, er wäre vollkommen abgehoben. Er sei einmal hier und dort in der Menge. Mit anderen Worten, sie würde ihn nicht mehr in der Menge finden.
Der Techno-Beat enthemmt die Jugend
Ungeachtet dessen tanzt die Jugend um Paul herum nach dem aktuellen harten Techno-Beat des HouseMusic-Discjockeys. Sie grölen und pfeifen zwischendurch lauthals, um dem Disc-Jockey zu zeigen: hier bin ich! Zwischendurch ruft der Disc-Jockey sinnfrei durchs Megaphone zurück: Seid ihr gut drauf? Entsprechend grölt die Menge begeistert zurück: Ja! Genauso könnte er skandieren: Wir sind das Volk! Ausländer raus! Tod dem Faschismus! Allāhu akbar! 98er! Eintracht! Olé, Olé, Olé! Usw. . Entsprechend würde die Menge ohne zu hinterfragen begeistert zustimmend zurück antworten.
Plötzlich reibt eine junge Frau ihren Hintern an Pauls Hintern. Paul wird im Traum aus seinem Traum gerissen. Folglich bemerkt auch er nun diese wild tanzende, sexuell enthemmte Menge. Nebenher fragt er sich entgeistert: Leben wir nicht schon genug im Zeitalter der eindimensionalen Gesten und Parolen, die die Welt mehr und mehr aus den Fugen bringt?!
Die physische Präsenz entscheidet über den Geschmack
Ein Physiklehrer kommt mit seiner Schulklasse vorbei und erklärt: „Die Welt der Musik wäre nicht mit einem eindimensionalen Raum erklärbar. Während wir hier bei der Silvesterparty seien, sind andere außerhalb des Tanzsaals und würden die Musik anders hören und empfinden, als wir hier drinnen. Weiter draußen in einer anderen Stadt wüssten viele nicht, dass es hier eine Silvesterparty gibt, weil sie sich wieder in einem anderen Raum befinden. Des Weiteren Menschen, die vor uns gelebt haben und andere, die nach uns leben werden, befinden sich wieder in einem anderen zeitlichen Raum und wüssten nicht oder ahnten nur, was für Musik heute angesagt ist.“
Pauls Frau, die neben dem Physiklehrer steht, versteht kein Wort von dem, was er seinen Schülern erzählt. Sie hat sich übrigens gerade endgültig innerlich von Paul getrennt, der in einer ganz anderen Dimension zu schweben scheint als sie.
Die durchdringende Kraft eines Synthesizers
Der Physiklehrer sagt ihr persönlich: „Sie würde viel zu rational und schematisch die Zusammenhänge begreifen wollen. Anders ausgedrückt, sie sollte seine Worte mehr emotional durchdringen. Denn wenn sie das System draußen und drinnen im Raum bis zu Ende denkt, dann ist das, was wir als äußersten Raum kennen, das Universum oder auch Gottes Raum, in dem alles gleichzeitig stattfindet. Wenn wir jedoch in den kleinsten Raum vordringen, entdecken wir das Atom und in dem wiederum würden sich die Quanten befinden, die einmal Materie und ein anderes Mal nur Licht sind. Deshalb wären sie in allem enthalten und also auch im gesamten, zeitlosen Universum. Demgemäß würden sie sich unabhängig von festen Körpern bewegen und als Schwingung wahrnehmbar sein.
Diese Schwingungen durchdringen uns wie die sphärischen Klänge eines Moog Synthesizers, dem Nachfolger der Hammondorgel und des analogen Synthesizers. Infolgedessen sind die sphärischen Klänge in jedem von uns und verbinden uns mit allem um uns herum, als emotionale Energie. Wenn wir sie bewusst wahrnehmen, ist draußen und drinnen, oben und unten nur relativ.“
Danach versteht nun seine Frau Paul emotional besser. Denn Paul tanzt nur scheinbar in einer anderen Dimension als sie. Kurzum, nun kann auch sie befreit mit ihm tanzen. Sie schweben ins Neue Jahr vereint im grenzenlosen Raum auf sexuellen Schwing(ung)en.
Anschließend fragt der Physiklehrer seine Schüler: „Ist das nur verklärter, romantischen Kitsch des Hippie-Zeitalters oder steht dahinter nicht eine kosmische, alles durch dringende politische Energie?“
In diesem Zusammenhang ist auch die an Weihnachten ausgestrahlte Sendung mit Luise Kinseher: Ruhe bewahren! | BR live 2015 zu empfehlen. Zum Beispiel hat sie genial die Zusammenhänge der Liebe mit dem mehrdimensionalen Raumerlebnis kabarettistisch aufgearbeitet.
Lyrik von „A Whiter Shade of Pale“
We skipped the light fandango
And turned cartwheels cross the floor.
I was feeling kind of seasick
But the crowd called out for more.
The room was humming harder
And the ceiling flew away
When we called out for another drink
The waiter brought a tray
And so it was that later
As the miller told his tale
That her face at first just ghostly
Turned a whiter shade of pale.
She said “There is no reason,
And the truth is plain to see,”
But I wandered through my playing cards
And would not let her be,
One of sixteen vestal virgins
Who were leaving for the coast,
And although my eyes were open
They might just just have well been closed.
And so it was, etc…
She said she wanted shore leave
Tho in truth we were at sea
So I took her by a looking glass
And forced her to agree,
Saying you must be the mermaid
Who took Neptune for a ride
Well she smiled at me so sadly
That my anger straightway died
And so it was, etc…
If music be the food of love
Then laughter is its queen
And likewise if behind is in front
Then dirt in truth is clean
My mouth by then like cardboard
Seemed to slip straight through my head
So we crash-dived straightway quickly
And attacked the ocean bed.
Deutsch Übersetzung
Wir tanzten den leichten Fandango
schlugen Räder kreuz und quer
Ich fühlte mich irgendwie seekrank
jedoch die Menge schrie nach mehr
Der Saal begann zu kochen
während die Decke davon fegte
Als wir den nächsten Drink bestellten
brachte der Ober ein Tablett.
Und so kam es dann,
als der Müller seine Anekdoten zum Besten gab,
dass ihr Gesicht zu erst eher spukhaft
um eine Spur erbleichte.
Sie sagte, “Es gibt keinen Grund
und die Wahrheit ist offensichtlich.”
Aber ich musterte mein Blatt
und wollte sie nicht als eine
der 16 vestalischen Jungfrauen erscheinen lassen,
die zu neuen Ufern aufbrachen
Und es spielte keine Rolle, ob meine Augen
offen oder geschlossen waren.
Und so kam es, …
Sie sagte “Ich bin im Landurlaub nach Hause gekommen”
Obwohl wir in Wirklichkeit noch auf dem Meer waren
Darum zog ich sie vor den Spiegel
Und zwang sie, mir zuzustimmen
Indem ich sagte “Du bist dann wohl die Meerjungfrau
Die Neptun auf einen Ausflug mitgenommen hat”
Aber sie lächelte mich so traurig an
Daß mein Zorn sofort verschwand.
Und so kam es, …
Wenn Musik die Nahrung der Liebe ist
Dann ist Lachen ihre Königin
Und, ganz genau so, wenn das Hinterste zuvorderst ist
Dann ist Schmutz in Wahrheit sauber
Mein Mund war schon trocken wie Pappe
Die mir direkt durch den Kopf zu schießen schien
Also tauchten wir schleunigst direkt ins Wasser ein
Und griffen den Meeresboden an.
Email an Klaus- H. Schader