Heutzutage ist es schwierig, in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit mit einem Massenprodukt wie der digitalen Fotografie ernst genommen zu werden. Viel lieber orientiert sich die Kunstszene am originellen, handgemachten Bild oder der rein sachlichen Darstellung. Trotzdem halte ich einen Rückgriff auf die analoge Fotografie für rückschrittlich. Weiterhin kommt für mich eine Rückkehr in die analoge Malerei und Grafik nicht infrage. Auch wenn die kunstkritische Öffentlichkeit der Computergrafik argwöhnisch gegenübersteht, halte ich sie als das geeignetere Ausdrucksmittel.
Erweiterte Wahrnehmung
Am ehesten entspricht das digital bearbeitete fotografische Abbild meiner Wahrnehmung von Wirklichkeit. Genau genommen widerspricht das eingefrorene Einzelbild der digitalen Fotografie der menschlichen Wahrnehmung. Denn die Wahrnehmung ist erweiternd, vielfältig und wandelbar, wenn ich meinen Blick ruhig beobachtend auf einen unbestimmten Punkt im Raum gerichtet halte. Während die Mitte des Sehfeldes scharf bleibt, erscheint der Raum um den ruhenden Punkt in seiner Unschärfe fließend.
Die Grenzen der digitalen Fotografie
Wenn ich meine bewusste Wahrnehmung in meine Fotografien übertragen will, komme ich nicht an der Selbsterkenntnis meiner Wahrnehmung vorbei. Die Selbsterkenntnis, dass es sich bei dem Augenblick, den ich gerade wahrnehme, um mein eigenes Bild von der Wirklichkeit handelt. Mit dieser Erkenntnis erscheint mir die Momentaufnahme der Fotografie unvollständig. Durch die digitale Bearbeitung der Fotografie kann ich meinen subjektiven Eindruck im Bild einfließen lassen.
Unterschiedliche Sichtweisen
Es ist mir klar, dass der Betrachter seine eigene Sichtweise auf die Realität hat. Allerdings will ich nicht nur Lieferant von Postkartenansichten oder inszenierten Motiven sein. Andererseits beinhalten meine Arbeiten autobiografische Züge. Daher ist die Aussage meiner digital bearbeiteten Fotografien erst einmal nur schwer für den Betrachter nachvollziehbar. Wenn jedoch der Betrachter sich auf den auflösenden Charakter seines Sehens einlässt, kann er ahnen, was ich mit meinen bearbeiteten Fotografien erreichen will. Letztlich möchte ich mit meinen handgemachten Fotografien auf eine erweiterte Sichtweise der Realität hinweisen.
E-Mail an Klaus- H. Schader